Der Green Deal Und Die Versorgungssicherheit 2023
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Der Green Deal und die Versorgungssicherheit in der EU

Die Agrarindustrie schürt seit dem Ausbruch des russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine die Angst vor einer angeblichen Lebensmittelkrise in der EU. Sie fordert, dringend notwendige ökologische Maßnahmen aufzuschieben, um die EU-Agrarproduktion zu steigern. Den Krieg auszunutzen ist zynisch und die Forderungen fatal, denn längst ist die Klimakatastrophe mit Waldbränden, Dürremonaten und Überschwemmungen auch bei uns angekommen. Langfristig lässt sich unsere Lebensmittelversorgung nur durch eine ökologischere Landwirtschaft sicherstellen.

Klären wir die wichtigste Frage zuerst: Nein, es gibt keine Lebensmittelknappheit in der EU. Im Gegenteil: Wir leben im Überfluss. 30% der Lebensmittel landen im Müll. Von den jährlich produzierten 290 Millionen Tonnen Getreide werden nur 20% von uns gegessen, der Rest wird zum Großteil als Futtermittel und Bioethanol verwendet. Als Exportweltmeisterin kann die EU die reale Gefahr einer Hungersnot in Nordafrika durch Hilfslieferungen problemlos lindern. Wir müssen dafür nicht mehr anbauen, sondern die Zielsetzung ändern: Weizen auf den Teller, statt in den Trog und in den Tank. 

Auf Druck der Agrarindustrie hat die EU-Kommission als Sofortmaßnahme Brachflächen für den Tierfutteranbau freigeben, um die Massentierhaltung zu stützen. Brachflächen sind jedoch unverzichtbare Lebensräume für Insekten und Tiere, entlasten Böden und Wasserkreisläufe, die durch den intensiven Agraranbau ausgelaugt, voller Pestizide und Kunstdünger sind. Ein Schuss ins eigene Knie, denn ein genauerer Blick zeigt: Hier geht es nicht um die Lebensgrundlage kleiner österreichischer Bäuer*innen oder die Versorgung der Europäer*innen, sondern um den Erhalt der ausbeuterischen globalisierten Agrarindustrie. Die Billigfleisch-Massentierhaltung funktioniert wirtschaftlich nur mit Billig-Futtermitteln, die in riesigen Monokulturen mit hohem Pestizideinsatz in Europa und Übersee produziert werden. Das Fleisch wird dann zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt geschleudert. Auf der Strecke bleibt die regionale Landwirtschaft, das Klima, die Biodiversität und tatsächlich unsere Versorgungssicherheit.  

Der IPCC Bericht zeigt: wenn wir so weiter machen, wie bisher, wird bis 2100 ein Drittel der weltweiten Nutzfläche für den Anbau von Lebensmittel unwiederbringlich zerstört sein. Grund genug, endlich umzudenken, anstatt vor den Forderungen der Industrie in die Knie zu gehen. Die Lösungen sind da: Mensch, Umwelt- und Klimaschutz in den Mittelpunkt stellen und Investitionen umlenken in die Förderung der kleinteiligen, regionalen und nachhaltigen Landwirtschaft für eine starke regionale Kreislaufwirtschaft.