Was Steht Im Europäischen Klimagesetz? - 22. April 2021
climate-change
Deutsch
English

Was steht im Europäischen Klimagesetz?

Am 21. April 2021 um 5 Uhr haben sich die Verhandler:innen des Europäischen Parlaments, des Europäischen Rates und der EU Kommission auf ein neues Europäisches Klimagesetz geeinigt. Leider ist das Ergebnis trotz 14 Stunden Verhandlungen sehr enttäuschend. Das neue EU-Klimaziel für 2030 wird den Anforderungen des Pariser Klimaabkommens nicht gerecht. Das EU Parlament konnte sich mit seinen noch halbwegs ambitionierten Zielen nicht durchsetzen. Damit gibt Europa die Chance auf, eine weltweite Klima-Vorreiterrolle einzunehmen.
Nach den enttäuschenden Ergebnissen rund um die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) ist dieses Klimagesetz jetzt ein weiterer Rückschlag im Kampf gegen die Klimakrise. So werden wir den Green Deal von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyens nicht erreichen und schon gar nicht die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad Celsius halten können. Hier eine detaillierte Übersicht über das neue Europäische Klimagesetz:

Emissionsreduktion von 52,8% bis 2030

Eines der wichtigsten Ziele des neuen Klimagesetzes ist die Reduktion des Treibhausgasausstoßes. Dazu sollte ein Ziel bis 2030 festgelegt werden, das die Reduktion gegenüber dem Jahr 1990 festlegt. Das Europäische Parlament hat in einer Abstimmung 2020 ein Reduktionsziel von 60% gefordert. Der Rat, also die Europäischen Staats- und Regierungschefs haben sich aber nicht von ihrer Position von 55% Netto-Treibhausgasreduktion bis 2030 abbringen lassen. Was dieser scheinbar geringe Unterschied in der Praxis bedeutet zeigt unter anderem diese Studie, die von den Grünen im Europäischen Parlament in Auftrag gegeben wurde, deutlich.
Leider lässt sich mit solchen Zahlen auch viel Rechentrickserei betreiben. Die 55% „Netto-Treibhausgasreduktion“, auf die sich die Europäischen Staats- und Regierungschefs versteift haben, bedeuten beispielsweise nur eine reale Emissionsreduktion von 52,8%. Das liegt daran, dass den Berechnungen rein theoretische Werte für sogenannte „Senken“, also natürliche Emissionsreduktionsfaktoren, wie beispielsweise Wälder, zugrunde gelegt werden. Diese Senken sollen auf natürliche Weise dafür sorgen, dass ausgestoßene Treibhausgase wieder gebunden werden. Durch einen geplanten Ausbau solcher „Senken“ kann daher ein höherer Reduktionswert angenommen werden, als tatsächlich vorliegt. Denn es ist ungeklärt, woher dieser große Aufwuchs an natürlichen Senken, wie Wäldern, herkommen soll. In fast allen Ländern Europas sorgt die Klimakrise mit ihren Dürren dafür, dass Wälder absterben und die Senken sich verkleinern. Auch dauert es Jahrzehnte, bis neu angelegte Wälder tatsächlich die hier einberechneten Werte an CO2 binden können. Noch weiter geht die EU Kommission, die nun durch eine Erhöhung der Senken auf 300 Megatonnen CO2-Äquivalente das Netto-Ziel auf 57% erhöhen will, ohne an der realen Emissionsreduktion etwas zu ändern! Das alles ist aber eine vage Absichtserklärung und ohne der Zustimmung der Mitgliedstaaten eher wie heiße Eislutscher als ernste Zusagen.

Klimaneutralität 2050

Die Europäischen Staats- und Regierungschefs lehnen es ab, das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 auch für alle Mitgliedsstaaten verbindlich festzulegen. Damit muss die Klimaneutralität nun nur EU weit und nicht von jedem einzelnen Mitgliedsstaat erreicht werden.

Recht auf Klimaschutz

Das vom Europäischen Parlament geforderte Recht auf Klimaschutz scheiterte leider ebenfalls am Widerstand der Staats- und Regierungschefs.

Treibhausgas-Budget

Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben sich darauf geeinigt, ein Treibhausgas-Budget für den Zeitraum 2030 bis 2050 zu schaffen, das als Grundlage für die Festlegung des Klimaziels 2040 dienen soll. Dieses Budget soll die Menge an Treibhausgas Emissionen sichtbar machen, die in diesem Zeitraum ausgestoßen werden können, um im Rahmen des Pariser Klimaabkommens zu bleiben – also eine Art Kontoübersicht, wie viel Verschmutzung wir uns noch leisten können. Das bedeutet, aber dass wir keine Übersicht über das Treibhausgas-Budget der EU bis 2030 haben. Und das, obwohl Wissenschafter:innen betonen, dass dieses Jahrzehnt entscheidend ist in der Frage, ob wir mit unseren Emissionssenkungen das Ziel von weniger als 1,5 oder 2 Grad Erderwärmung erreichen können. Es ist also unklar, ob wir 2030 überhaupt noch Emissions-Kapazitäten frei haben werden, um ein solches Budget zu starten.

Fossile Subventionen

Das Parlament konnte seine Forderung nach dem Ende der Subventionen für fossile Brennstoffe nicht durchsetzen. Die Kommission hat zugesagt, auf diese Frage der Definition von Energiesubventionen, einschließlich der Subventionen für fossile Brennstoffe, zurückzukommen, indem sie die Regeln im Rahmen der Governance-Verordnung weiter präzisiert.

Internationale Schiff- und Luftfahrt

Das Wording im Europäischen Klimagesetz zu diesem Punkt ist sehr vage. Generell muss aber davon ausgegangen werden, dass Emissionen aus dem internationalen Schiffs- und Luftverkehr in die Ziele des Europäischen Klimagesetzes nicht einberechnet werden. Damit werden zwei Sektoren vernachlässigt, die zu den weltweit größten Treibhausgas Emittenten zählen.

Wird das europäische Klimagesetz die Desertifikation aufhalten können?

Zwei kleine Erfolge konnten in den Verhandlungen dennoch erzielt werden

Europäischer Klimarat

Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben sich auf die Einrichtung eines Europäischen Klimarates geeinigt. Das Gremium wird sich aus 15 Mitgliedern zusammensetzen, die ein Mandat für 4 Jahre haben werden und wissenschaftliche Beratung leisten sowie Berichte über bestehende und vorgeschlagene Maßnahmen der Union, Klimaziele und Treibhausgas-Budgets sowie deren Kohärenz mit dem Pariser Klimaabkommen erstellen. Sie schlagen Maßnahmen und Möglichkeiten vor, wie die EU die Emissionssenkungen zur Erfüllung des Pariser Klimaabkommens beschleunigen kann.

Klimaziele in allen Bereichen

Die Verhandler:innen haben sich auf eine Klausel geeinigt, die besagt: alle zukünftigen Gesetzes- und Budgetentwürfe müssen, bevor sie vorgelegt werden können, auf ihre Übereinstimmung mit den 2030 Zielen und dem Klimaneutralitätsziel überprüft werden.

Dieses Klimagesetz ist viel zu wenig ambitioniert und wird nicht dazu führen, den Kampf gegen die Klimakrise zu gewinnen. Wir müssen JETZT mutige Schritte setzen für uns und kommende Generationen.