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Umweltprobleme in Montenegro könnten EU-Beitritt verschleppen

Seit zwei Jahrzehnten bin ich am Westbalkan unterwegs, seit der neuen Legislatur bin ich auch Delegationsleiter der EU-Parlament-Montenegro Delegation. Dabei möchte ich Montenegro auf dem Weg in die Unterstützen. Einige Hürden, die mir dabei immer wieder begegnen: Korruption, Vetternwirtschaft und Desinteresse an Umweltgesetzen.

Besonders sichtbar werden diese Schattenseiten am sogenannten „Großen Strand“ bei Ulcinj. Eigentlich ist das 13 Kilometer lange Küstengebiet als Naturdenkmal ausgewiesen, doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Restaurants, Campingplätze und asphaltierte Parkflächen breiten sich unkontrolliert in den Dünen aus. Auf Karten der Raumplaner mag der Schutzstatus noch bestehen, aber vor Ort interessiert das kaum jemanden. Selbst im Rathaus verweist man achselzuckend auf die Behörden in Podgorica.

Schwindlige Investitionsdeals

Der „Große Strand“, den ich im Mai 2025 schon besucht habe (zu sehen in diesem Video über problematische Investitionen und illegale Machenschaften in Montenegro), erinnert leider daran, dass der Westbalkanstaat noch einiges zu tun hat, um europäischen Standards näher zu kommen. Klar wird das am Beispiel des geplatzten „Geheimdeals“ zwischen der Regierung und einem Investor aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, wie auch der Kurier berichtet. Der Immobilienmogul Mohamed Alabbar sollte den gesamten Küstenstreifen samt Hinterland übernehmen, um dort mitten durch ein Naturschutzgebiet Luxusresorts und Apartmentanlagen zu errichten. Hinter dem Vorhaben, so hieß es, habe der Clan des einflussreichen Milo Dukanović gestanden.

Dass dabei sämtliche EU-Vorgaben für öffentliche Großprojekte ignoriert wurden, schien niemanden zu stören. Erst massiver Widerstand aus der Region und schließlich ein Eingreifen des Staatspräsidenten verhinderten den Verkauf. Die großen Umweltsünden blieben so gerade noch aus, die kleinen setzen sich dagegen ungehindert fort: Ferienhäuser auf geschützten Inseln, die als „vorübergehende Einrichtungen“ deklariert werden und somit keine Abwasserleitungen brauchen. Gesetze gelten nur auf dem Papier, während mächtige Familienclans Politik und Wirtschaft dominieren.

Umweltgesetze nur auf dem Papier

Dieses Muster zieht sich durchs ganze Land. Umweltauflagen gelten als überflüssiger Luxus, was auch in Brüssel längst Unmut hervorruft. Die EU-Beitrittsverhandlungen stocken, insbesondere im Umweltkapitel (Kapitel 27), und selbst zugesagte Fördergelder wackeln, wie etwa für eine dringend benötigte Kläranlage in der Hauptstadt Podgorica. Dort fließen die Abwässer weiterhin ungefiltert in den Fluss Morača und von dort in den Skutarisee, den größten See Südeuropas. Trotzdem bekämpfen lokale Politiker das Projekt mit absurden Argumenten: Eine Kläranlage, so behaupten sie, gefährde die Umgebung und sei mit Tschernobyl zu vergleichen.

Ich weiß, dass der Weg in Richtung EU aus vielen kleinen Schritten besteht, und dass in Brüssel oftmals ein Auge zugedrückt wird, und mir ist bewusst, dass es Montenegro an manchen Stellen an Beitrittsreife mangelt. Dennoch: 80% der Montenegriner*innen wollen Teil der Europäischen Union werden. Im Sinne dieser Stimmen werden die Beitrittsverhandleungen fortgesetzt und vielleicht darf die EU in den kommenden Jahren einen 28ten Mitgliedsstaat begrüßen.