Die EU-Kommission hat eine Liste nachhaltiger Energieformen entworfen, die Investitionen in diesen Bereichen fördern soll. Gas- und Atomenergie sind inkludiert, obwohl beide keine nachhaltigen Energieformen sind. Die Grünen/EFA fordern, Gas- und Atomenergie aus der Taxonomie heraus zu nehmen.
Was ist die Taxonomie?
Die Taxonomie ist im Wesentlichen ein Katalog nachhaltiger ökonomischer Tätigkeiten. Damit soll eine Art „grüne Liste“ für nachhaltige Investitionsmöglichkeiten kreiert werden, die es Banken, Versicherungen und Privatpersonen gleichermaßen ermöglicht, in nachhaltigere Technologien und Unternehmen zu investieren. Zusätzlich dazu sollen diese „grünen Investitionen“ subventioniert werden. Es geht also auch um Steuergeld.
Die Taxonomie ist ein wichtiger Teil des europäischen Green Deals und ein guter und wichtiger Schritt in Richtung Erreichung unserer Klimaziele. Das Ziel ist, gigantische Finanzströme in ökologisch nachhaltige Wirtschaftsbereiche zu kanalisieren. Dadurch sollen nachhaltige Wirtschaftszweige gestärkt und die EU bis 2050 klimaneutral werden.
Der Streit um Atom- und Gas
Anfang 2022 hat die Kommission mit einem juristischen Trick, dem sogenannten „delegierten Rechtsakt“ an dem Europäischen Parlament vorbei entschieden, dass Energie aus Atom und Gas zukünftig in die Liste der “nachhaltigen Energien” aufgenommen werden soll. Weder Strom aus Atomenergie noch aus der Verbrennung von Gas sind aber nachhaltig. Beides setzt auf den Abbau begrenzt verfügbarer, nicht nachwachsender Ressourcen. Atomenergie ist auch nach neuesten Studien bereits jetzt die teuerste Energieform, dabei sind die Kosten für zukünftige Generationen für zum Beispiel Lagerung und Vernichtung des Abfalls noch nicht einmal absehbar.
Abgesehen von den enormen Risiken, die die Atomenergie für das Leben und die Gesundheit von Menschen birgt, wäre ein Umstieg außerdem nicht schnell genug machbar. Neue Atomkraftwerke zu bauen braucht Zeit, schon momentan im Bau befindliche Projekte haben mit massiven Zeitverzögerungen zu kämpfen. Bis ein neues Atomkraftwerk funktionstüchtig ist, kann es mehrere Jahrzehnte dauern.
Kritik von allen Seiten
Kritik kommt auch aus der Wissenschaft. Die Plattform für nachhaltige Finanzen hat die Kommission bei der Erstellung der Taxonomieverordnung beraten und kritisiert die Entscheidung im delegierten Rechtsakt. Der Vorsitzende der Plattform, Nathan Fabian, erklärte öffentlich, dass selbst die modernsten und effizientesten Gaskraftwerke „zu keinem Zeitpunkt ihres Lebens grün“ sind. Der Bericht der Plattform ist hier nachzulesen.
Auch wichtige Akteure am Finanzmarkt können die Entscheidung der EU-Kommission nicht nachvollziehen. Finanzunternehmen wie die GLS Bank in Deutschland, die Triodos Bank in den Niederlanden sowie die Raiffeisen Bank International haben sich gegen die Aufnahme von Atomenergie in die Taxonomie ausgesprochen. Sie sehen durch eine Inklusion von Atom und Gas in die Taxonomie die Glaubwürdigkeit von „Green Investments“ massiv gefährdet.
Wie geht es weiter?
Bevor der Delegierte Rechtsakt in Kraft tritt, müssen der Europäischer Rat und das Europäische Parlament zustimmen. Um den Delegierten Rechtsakt abzulehnen, müssen im Rat mindestens 20 Mitgliedstaaten dagegen stimmen. Das gilt als sehr unwahrscheinlich. Im Gegensatz dazu muss eine Entscheidung im Europäischen Parlament nur mit einer einfachen Mehrheit von 50% + 1 der Abgeordneten getroffen werden. Damit besteht die Chancen, dass die Aufnahme von Gas und Atom in die Taxonomie im Europäischen Parlament abgelehnt wird.
Darum ist es jetzt besonders wichtig, den Druck auf die Abgeordneten des Europäischen Parlaments weiter zu erhöhen, beispielsweise durch eine Unterschrift bei der Petition Stoppt das Greenwashing oder durch E-Mails und Anrufe in den Büros der Abgeordneten. Zeigen wir der Europäischen Kommission, was die Bürger:innen von ihren Plänen halten!
Links
Hier kann der bereits in Kraft getretene Gesetzestext angesehen werden.
Hier geht es noch zum Delegierte Erweiterungsrechtsakt (auf Englisch)
Sowie alle Posts auf dieser Seite zum Thema Energiepolitik