Strengere Regeln Beim Tiertransport - Thomas Waitz
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Strengere Regeln beim Tiertransport

EVP verhindert maximale Transportzeit von 8 Stunden. Die Grünen/EFA fordern ambitionierten Vorschlag von der Kommission.

Hintergrund

Seit 2005 gilt in der Europäischen Union die Verordnung 1/2005, die den Transport lebender Tiere regelt. Nach unzähligen Berichten von NGOs und Bürger*innen, die zahlreiche Missstände beim Transport lebender Tiere in der EU aufgedeckt haben, hat das Europäische Parlament einen Tiertransport Untersuchungs-Ausschuss eingesetzt, um die Vorwürfe zu untersuchen. Die Europäische Kommission hat angekündigt, den Abschlussbericht des Tiertransport-U-Ausschusses als Grundlage für einen neuen Gesetzesentwurf für ein Tiertransportgesetz zu nehmen, den sie 2023 vorlegen will.

Der Untersuchungs-Ausschuss

Nach knapp einem Jahr Ausschusssitzungen mit Hearings von Expert*innen, Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, des Sektors, der Politik sowie Untersuchungen von Transporten und Verladungen vor Ort war klar: die momentan gültige Tiertransport-Verordnung ist an vielen Stellen veraltet und Gesetzesbrüche in und außerhalb der EU stehen auf der Tagesordnung.

In seinem Abschlussbericht stellt der U-Ausschuss fest, dass Kommission und Mitgliedsstaaten bei der Durchsetzung europäischen Rechts auf weiter Strecke versagt haben. Mitgliedstaaten kontrollieren die Einhaltung geltender Gesetze nur unzureichend und Verstöße werden nicht systematisch dokumentiert, sodass weder den Mitgliedsstaaten noch der Kommission Daten über wiederholte Verstöße vorliegen. Außerdem wird Berichten aus der Zivilgesellschaft und von NGOs nicht ausreichend nachgegangen. Ganz besonderen Handlungsbedarf sehen die Mitglieder des Tiertransport U-Ausschuss in dieser Hinsicht bei Schiffstransporten. Außerdem stellt der Abschlussbericht fest, dass die momentan gültige Tiertransportverordnung 1/2005 in vielen Teilen veraltet oder unzureichend ist. Viele Tierkategorien wie Fisch, Haustiere, Geflügel, Hasen und Pferde sind in der Verordnung gar nicht oder nicht genug berücksichtigt. Besonders vulnerable Tierkategorien, wie nicht abgesetzte Tiere oder Tiere am Ende ihrer Produktionsfähigkeit werden nicht gut genug geschützt.

Um diese Missstände zu beheben hat der Tiertransport U-Ausschuss neben dem Abschlussbericht auch Empfehlungen an die Kommission für eine zukünftige Tiertransport-Gesetzgebung formuliert.

Empfehlungen an die Kommission

Als Schattenberichterstatter der Grünen und damit Verhandler der Grünen Position zu den Empfehlungen an die Kommission war es mein erklärtes Ziel, so viel Tierwohl wie möglich durchzusetzen. Die Verhandlungen dazu waren schwierig und langwierig. Dennoch kamen wir am Ende zu Kompromissen, die in weiten Teilen sehr gut und ambitioniert waren. Folgende wichtige Forderungen wurden in den Empfehlungen erhoben:

  • Strengere und engmaschigere Kontrollen sowie mehr Inspektionen besonders bei Ver- und Entladung in und außerhalb von Europa sowie an inner- und außereuropäischen Grenzen.
  • Bessere Dokumentation von Verstößen durch Mitgliedsstaaten und die Kommission inklusive einer Liste jener Transporteure, die regelmäßig gegen Gesetze verstoßen.
  • Strengere und harmonisierte Zulassungsbestimmungen für Transportfahrzeuge mit besonderem Fokus auf Schiffen.
  • Inklusion von Fischen und Haustieren in die Tiertransportverordnung sowie besserer Schutz für Geflügel, Hasen und Pferde.
  • 8 Stunden Maximaltransportzeit für Schlachttiere.
  • 4 Stunden Maximaltransportzeit für Tiere am Ende ihrer Produktionsfähigkeit sowie Geflügel und Hasen.
  • Verbot von Transporten in Drittstaaten, in denen Europäische Tierschutzbestimmungen nicht eingehalten werden und damit die Durchsetzung des vorliegenden Urteils des Europäischen Gerichtshofs hierzu.
  • Verpflichtende Anwesenheit eines*r Veterinärmediziner*in auf Transportschiffen sowie bei Ver- und Entladung.
  • Etablierung einer Liste von Drittstaaten, die europäische Tierschutzstandards einhalten.

Obwohl also im Lauf der Verhandlungen bereits sehr gute Kompromisse gefunden werden konnten, waren für mich und meine Fraktion noch vier wesentliche Bereiche nicht vollständig abgedeckt. Wir haben daher entschieden, in folgenden Punkten weiter gehende Anträge einzubringen, welche leider in den Verhandlungen nicht durchzusetzen waren:

Nicht entwöhnte Tiere

Laut momentan gültiger Verordnung 1/2005 dürfen Kälber ab einem Alter von 10 Tagen, Lämmer ab einer Woche und Ferkel ab einem Alter von drei Wochen transportiert werden. Dabei gibt es unterschiedliche Maximaltransportzeiten pro Spezies. Für Kälber gilt beispielsweise eine maximale Transportzeit von 19 Stunden ab einem Alter von 14 Tagen. Siehe dazu auch meine Kälberreportage

Die Grünen fordern in ihrem Positionspapier ein komplettes Transportverbot von nicht entwöhnten Tieren. Im Namen meiner Fraktion habe ich einen Kompromissvorschlag eingebracht, der den Schutz der Tiere und die Bedürfnisse von Landwirt*innen gleichermaßen berücksichtigt und fordert:

  • Ein Transportverbot von Tieren jünger als 5 Wochen.
  • Maximale Transportdauer von 2 Stunden für nicht entwöhnten Tieren älter als 5 Wochen, damit sie zu spezialisierten Betrieben in der Region gebracht und weiter aufgezogen werden können.
Trächtige Tiere

Laut momentan gültiger Verordnung 1/2005 dürfen trächtige Tiere für 90% ihrer Tragzeit ohne Einschränkungen transportiert werden. Erst danach gelten sie als nicht transportfähig. Im Namen meiner Fraktion habe ich einen Abänderungsantrag eingebracht, der fordert:

  • Ein Transportverbot von trächtigen Tieren im letzten Drittel ihrer Tragzeit.
Maximale Transportzeiten

Verordnung 1/2005 gibt unterschiedliche Maximale Transportzeiten je nach Tierkategorie und Art der Beförderung vor. Ausgewachsene Rinder können beispielsweise auf der Straße für maximal 29 Stunden mit einer Stunde Pause transportiert werden. Für Schiffstransporte gibt es überhaupt keine Zeitlimits.

In unserem Positionspapier fordern die Grünen/EFA 8 Stunden Maximaltransportzeit für ALLE Transportarten und Tierspezies (ausgenommen besonders vulnerable Tiere). Auch hier habe ich im Namen meiner Fraktion einen Kompromissvorschlag eingebracht, der sowohl den Tierschutz als auch die Bedürfnissen der europäische Inseln berücksichtigt und fordert:

  • Maximale Transportzeit von 8 Stunden für alle Tiere und Transportmittel ausgenommen Schiffe.
  • Maximale Transportzeit von 24 Stunden auf dem Schiff, um europäischen Inseln die Beteiligung am Binnenmarkt zu ermöglichen.
Export lebender Tiere in Drittstaaten

Laut EuGH Urteil von 2015 müssen die Bestimmungen der Verordnung 1/2005 auch für den außerhalb der Union stattfindenden Beförderungsabschnitt eingehalten werden. In den Verhandlungen konnten wir zwar die Forderung zur Erstellung einer „white list“ an Staaten, deren Tierschutzstandards gleichwertig oder höher sind als jene der EU, durchsetzen, nicht aber ein Verbot des Exportes in Drittstaaten, die nicht auf dieser Liste stehen. Auch hier habe ich also im Namen meiner Fraktion einen Antrag eingebracht und gefordert:

  • Ein Verbot des Exports in Staaten, die nicht auf der „white list“ stehen.

Endabstimmung im Plenum

Während der Bericht nur im Ausschuss abgestimmt wurde, wurden die Empfehlungen zur besseren Legitimation zusätzlich noch dem Plenum des Europäischen Parlaments zur Zustimmung vorgelegt. Bei dieser Abstimmung am 20. Jänner wurden zwar alle aus verhandelten Kompromisse von einer großen Mehrheit angenommen, aber leider keine unserer weitergehenden Forderungen. Eine Mehrheit der Abgeordneten im Europäischen Parlament hat unseren Anträgen nicht zugestimmt. Leider gehörten dazu auch die Kolleg*innen aus der ÖVP.

Tiere Transport Abstimmung
Namentliche Abstimmung aller österreichischen Abgeordneten im Europäischen Parlament, Abstimmung 17.01.2022.

Und jetzt?

Trotz dieser Ablehnung, die eine große Enttäuschung für mich und meine Kolleg*innen war, sind wir dennoch stolz auf das bisher Erreichte. Im Großen und Ganzen ist es uns gelungen, wichtige und ambitionierte Empfehlungen an die Kommission zu senden. Dass eine Mehrheit unsere ambitionierten Vorschläge und ganz besonders den Vorschlag nach Maximaltransportzeiten abgelehnt hat, schmerzt aber natürlich. Ohne maximale Transportzeit sind strengere Tierwohlbestimmungen nur zu einem gewissen Grad zielführend. Aber wir haben noch eine Chance.

Die Kommission ist nun am Zug, um einen Gesetzesvorschlag für ein neues Tiertransportgesetz vorzulegen. Dieser Vorschlag ist für 2023 geplant. Obwohl wir unsere wichtigen und ambitionierten Vorschläge nicht zur Gänze in die Empfehlungen hineinbringen konnten, hoffen wir doch, dass die Kommission nicht nur den Text der Empfehlungen, sondern auch die unzähligen Berichte von NGOs, Eingaben und Petitionen von Bürger*innen aus der gesamten EU sowie auch die klaren Erkenntnisse des Berichts in ihre Erwägungen mit einbezieht. Aus all dem geht klar hervor, dass der Schutz der Tiere beim Transport verstärkt werden muss und wir zukünftig klare und Regeln für den Transport von Tieren brauchen, insbesondere in den sensiblen Bereichen der Schiffsfahrt, der maximalen Transportzeit und des Exports in Drittstaaten, in denen europäische Tierwohlstandards nicht eingehalten werden. Denn Tiertransporte nutzen nur einigen wenigen internationalen Mega-Konzernen, während die Tiere und die lokale Landwirtschaft auf der Strecke bleiben.